Als ich jung war, war es zur Sommerzeit angesagt , zu jeder freien Minute unbewegt liegend in der Sonne zu braten. Das führte bei mir einerseits zu Sonnenbrand und war mir andererseits zu langweilig. Ich bin der Typ, der immer was zu tun haben will.
Da gibt es allerlei sinnvolle Möglichkeiten. Stricken, häkeln, malen, basteln, Holzarbeiten, nähen... bis man keinen Platz mehr in der Bude hat. Und bis schlussendlich alle lieben Verwandten und Freunde beschenkt waren, die sich scheuten mir zu sagen, dass sie lieber darauf verzichten würden so reichlich mit "sinnvollem Handwerk" beschenkt zu werden...
Daher handwerke ich nur noch sehr beschränkt. Man hat ja ohnehin einen Haufen Arbeit. Da macht wenigstens jeder Handgriff Sinn. Bis ich mich eines Tages im Burnout wiederfand, nicht mehr schlafen konnte und hysterisch im Kreis rannte auf der ständigen Suche nach "sinnvollem Tun".
Meine Betreuerin während der Rehabilitation erklärte mir, was Entspannung ist. Und dass jeder Körper und auch die Seele diese braucht.
"Entspannung? Das ist doch voll langweilig. Ich muss doch was tun. Ich kann nicht einfach nur rumsitzen", wehrte ich mich.
Also bekam ich ein "Setz dich hin und starre zum Fenster raus"-Programm verordnet. Es war die Hölle. Unruhig rutschte ich auf dem Sessel herum, voll schlechtem Gewissen zu faulenzen.
"Na gut", sagte die Betreuerin. "Dann tun Sie etwas sinnloses. Das ist erlaubt. Wir Menschen dürfen auch Sachen machen, die keiner braucht. Nur zur Entspannung. Malen Sie Mandalas."
Mandalas. Malen. Hach, wie lange ist es her? Ich könnte Mandalas verschenken...
Nein, das habe ich natürlich nicht getan. Ich habe mir ein Malheft gekauft. Bilder zum ausmalen. Sich auf die exakte Farbstiftführung konzentrieren. Eine stimmige Farbgebung wählen. Sich vertiefen. Die Seele baumeln lassen im Tun.
Heute, Jahre danach, habe ich das Malheft beim spirituellen Ausmisten gefunden. Da sind noch etliche farblose Seiten, die es auszufüllen gilt. Gerade eben hole ich die Malstifte raus...