Oder: Die 7 Tugenden.
In meinen jungen Jahren hielt ich das Wort "Tugend" für etwas schrecklich Altmodisches, daher möchte ich sie einfach nur "Eigenschaften zum glücklich sein" nennen. Sie für mich zu entdecken führt dazu, mich glücklicher, harmonischer, gesünder und wohler zu fühlen.
So wie die 7 Zwerge Schneewittchen helfen ihren Prinzen zu finden, helfen die 7 Tugenden mir dabei die Harmonie im Leben zu finden. Das ist ungefähr dasselbe. Quasi. Wobei ich höchst unsicher bin, ob ich mit einem Prinzen tatsächlich Harmonie gepachtet hätte. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die 7 Eigenschaften auf dem Weg zur inneren Mitte und Harmonie:
Aufrichtigkeit
Aufrichtig sein bedeutet mehr als nicht zu lügen und immer die Wahrheit sagen.
Genau genommen gibt es keine allumfassende Wahrheit, weil jeder sich seine eigene Wahrheit zugrunde legt, basierend auf den eigenen Erfahrungen. Das was als Wahrheit gilt, ist die eigene Wahrnehmung der Dinge und der Welt um uns herum. Wie also könnte ich da die Wahrheit sagen, wenn sie doch möglicherweise für mein Gegenüber gar keine Wahrheit ist?
Aufrichtigkeit ist das Begreifen, dass es genügt authentisch zu sein. Sich nicht verstellen. Das beharren auf der eigenen Wahrheit aufgeben und sich öffnen. Dazu bedarf es des Ablegens der Ich-Bezogenheit, zu glauben, dass ich selbst das Maß aller Dinge bin.
Mitgefühl
Mitgefühl ist mehr als Mitleid mit jemandem haben, der leidet. Mitgefühl ist mehr als die Großzügigkeit und Barmherzigkeit, die ich beim Spenden an Wohlfahrtsorganisationen und bei Bettlern zeige. Sich selbst dabei auch noch für einen „guten“ Menschen zu halten ist ein Egoprogramm erster Güte.
Ehrlich mit anderen Menschen zu fühlen bedeutet, anderen Menschen gegenüber aufmerksam sein, aktiv zuhören, die Gefühle hinter den Worten erfassen und diese ernst nehmen. Anstatt sich auf sich selbst zu konzentrieren und nur seine „wohlmeinenden“ Ratschläge anzubringen. Helferzwang füllt nur die eigene innere Leere.
Falsch ist vor allem die eigenen Gefühle unkritisch anderen zuschreiben. Oft meint man zu wissen wie der andere tickt, wie er sich fühlt, wie er reagieren wird oder was er denkt. Wie oft irrt man sich, wenn man sich getraut offen nachzufragen. Wie oft ist jemand sogar vom eigenen Partner überrascht, sobald man aufhört "für ihn/sie zu denken", sondern nachfragt, was er sich denn wünscht oder wie er die Situation sieht.
Mitgefühl heißt auch, sich mit dem anderen zu freuen. Jemandem etwas zu schenken, weniger weil dafür Dankbarkeit oder ein Gegengeschenk erwartet wird oder ein Anlass einen dazu zwingt, sondern einfach spontan zwischendurch, weil der andere sich darüber freut.
Nachsichtigkeit
Nachsichtigkeit ist keine Gleichgültigkeit.
Nachsicht ist Toleranz gegenüber etwas oder jemandem, das/der mich eigentlich stört. Sich um Flüchtlinge anzunehmen, weil man dies gern macht und gut findet, ist keine Toleranz. Toleranz ist, Menschen mit gegenteiliger Meinung anzuhören, ernst zu nehmen und ihren Standpunkt wertfrei gelten zu lassen.
Nachsicht bedarf Einfühlungsvermögen. Nachsicht ist auch Vergebung. Nicht nachtragend sein. Nachtragend bedeutet dasselbe wie jemandem, der mir Schaden zugefügt hat, auch noch einen Sack schwerer Steine hinterher zu schleppen. Das halte ich für absolut sinnfrei und beschwert nur mich selbst.
Zur Nachsicht gehört auch sich eigene Fehler zuzugestehen, daraus zu lernen und die eigenen Schwächen zu akzeptieren. Wir werden nicht geboren um perfekt zu sein, sondern um echt zu sein.
Offenheit
Offenheit ist etwas anderes als gedankenlos alles annehmen oder wie ein Herbstblatt im Wind mal hierhin, mal dorthin treiben. Offenheit bedeutet neuen Erfahrungen positiv gegenüber zu stehen und daraus zu lernen, sich der Energie des Universums zu öffnen und Kraft zu sammeln. Offenheit ist das Herz öffnen und die Welt hinein lassen.
Dabei sollte man auf Widerstände achten und sich diese genau ansehen: Hören wir wirklich zu, sehen wir wirklich hin, fühlen wir aufrichtig mit? Oder neigen wir in Wahrheit zu Vorurteilen ohne genaue Prüfung und gehen davon aus, dass alles, was von unserem Blickwinkel abweicht, verwerflich ist?
Dankbarkeit
Dankbarkeit ist mehr als sich höflich zu bedanken. Schon gar nicht, wenn man es nicht so meint, weil das überreichte Geschenk grottenhässlich ist oder nicht zu einem passt. Hat sich der Schenkende überhaupt Gedanken darüber gemacht was ich mir wünsche oder mir gefällt? Oder ist es ein Höflichkeitsgeschenk?
Dankbarkeit, die hier gemeint ist, ist: Dankbar sein für alles, was im Leben gut ist. Dankbar sein für alles, was einem widerfährt, da man sich dadurch weiterentwickelt. Auch das Leidvolle, Schmerzhafte ist Teil meines Dankes, denn im Leid lerne ich am meisten.
Kategorien wie gut oder schlecht gilt es auflösen. Das Schmerzhafte ist nicht grundsätzlich schlecht. Scheinbares Pech kann sich im Nachhinein durchaus schon mal als „zum Glück bin ich dadurch Schlimmerem entkommen“ herausstellen. Oder es wurde damit eine Entscheidung herbeigeführt, zu der ich mich bisher nicht aufraffen konnte, und die sich später als vorteilhaft herausstellt.
In allem das Sinnvolle und Gute aufspüren. Die Freude verspüren, Erfahrungen machen zu dürfen.
Heiterkeit
Der Weise hat ein heiteres Gemüt. Er hat leuchtende Augen, eine klare Stirn, ein Lächeln auf den Lippen.
Heiterkeit ist der Ausdruck des innersten Wesens. Die Welt nicht zu ernst nehmen. Über etwas Lachen nimmt der Situation den Ernst, die Schärfe. Dazu ist Gelassenheit nötig. Kommt Erregung hoch, in die aufsteigende Reaktion tief durchatmen und erst einmal aus einer zweiten gegensätzlichen Perspektive betrachten.
Proaktiv statt reaktiv an die Dinge herangehen. Konträr betrachten. Ruhig abwarten, etwas aussitzen und sehen was passiert. Das Humorvolle in der Situation aufspüren. Das ist ähnlich wie über Situationskomik lachen, über die dargestellten Missgeschicke in einem Theaterstück. Hilfreich ist hierfür sein Leben als ebensolches Theaterstück zu betrachten und die Rolle, die man darin spielt, nicht allzu ernst nehmen.
Liebe
Liebe ist die höchste "Disziplin" und am schwersten zu erreichen. Liebe ist die stärkste Kraft. Gemeint ist hier die allumfassende Liebe, die auf mehr als nur auf ein Objekt gerichtet ist. Dazu gehört auch uns selbst zu lieben, da in uns das Göttliche steckt.
Bevor wir unsere Feinde lieben, sollten wir zunächst einmal netter zu unseren Freunden sein.