Schaue ich mir nun all meine Leiden genauer an, meine Probleme und Sorgen, dann erkenne ich: Hinter jedem Leid versteckt sich das Gefühl der Angst. Egal wovor ich mich speziell fürchte, es fühlt sich – mal stärker, mal schwächer - immer gleich an.

Ein paar fiktive Beispiele: 

Bin ich jung, fürchte ich, dass ich nicht hübsch oder interessant genug bin. Erst fürchte ich keinen Partner zu finden, und dann, dass mein Partner mich verlässt. Dass ihm etwas zustößt. Ich habe Angst vor Langeweile oder dem allein sein. Ich fühle mich kritisiert, sobald ich fürchte etwas falsch zu machen. Ich fürchte nicht zu entsprechen. Dass meine Leistung nicht genügt. Ich fürchte mich vor Geldsorgen, zu wenig zu verdienen. Das, was ich habe, zu verlieren. Das, was ich wünsche, nicht zu bekommen. Ich fürchte den Vergleich mit anderen nicht zu bestehen. Ich ärgere mich über Vorwürfe, weil ich fürchte, man mache sich ein falsches Bild von mir. Ich fürchte nicht rechtzeitig fertig zu werden, einen Fehler zu machen, dass ich etwas verliere oder vergesse, zu spät zu kommen. Ich fürchte krank zu werden, selbst wenn ich gesund bin. Ich fürchte den Tod – meinen eigenen ebenso wie den von jenen, die ich liebe.Über die Zukunft fürchte ich, dass sie meinen Erwartungen nicht entspricht, mich enttäuscht. Ich fürchte mich vor falschen Entscheidungen. Sogar hinter der Neugier steckt die Furcht, nämlich etwas zu verpassen oder weniger zu wissen als andere.

Im Grunde geht es stets um eine erdachte Angst vor dem, was sein könnte! Möglicherweise. Basierend auf dem Vergleich mit vergangenen Warnungen, Scheitern, Erzählungen, Erfahrungen. Man weiß ja nie...

"Furcht verdüstert unsere Tage, macht sie wirr und glanzlos", nannte es Jiddu Krishnamurti. "Das, wovor wir uns fürchten, ist die Wiederholung des Alten, des Vergangenen, der Gedanke an das, was schon einmal gewesen ist, projiziert in die Zukunft. Darum ist das Denken für die Furcht verantwortlich."

Wer ehrlich mit sich ist, werfe also einen Blick hinter jede Sorge, Blockade, Hemmung, Problematik in seinem Leben und frage sich: Welche Furcht versteckt sich dahinter?

Sobald die Furcht als solche lokalisiert ist, und ich mir bewusst bin, dass einzig mein Denken diese Angst produziert, gibt es dann überhaupt noch einen Grund sich zu fürchten?

Vielmehr ist die Erkenntnis, dass Furcht durch mein Denken entsteht, ungeheuer erleichternd. Im Hier, wenn ich einer Tatsache unmittelbar gegenüberstehe, dann ist da überhaupt keine Furcht. Nur ein Staunen, ein Feststellen, ein Schauen. 

Erst wenn das Denken anfängt zu analysieren, ob diese Tatsache gut oder schlecht für mich ist, entsteht Furcht… oder Freude. Doch mit der Freude ist das so eine Sache. Denn auch dahinter kann sich die Furcht verstecken. Die Angst nämlich, das Schöne wieder zu verlieren. Oder das Verlangen, das Schöne nochmal zu erleben. Oder mehr davon zu erhalten. Mit dem Verlangen nach mehr oder nach Wiederholung entsteht neues Leiden. Die Furcht, es nicht zu bekommen.

Erst der heutige Spaziergang, im nebeligen, herbstlich farbenprächtigen Wald, weit weg von jedem Gedanken, ließ mich diese Erkenntnis, die Krishnamurti in seinem Buch beschreibt, für mich selbst begreifen. Wenn ich ohne Denken bin, mit dieser herrlichen wunderbaren Stille im Kopf, dann ist da keine Furcht. Nur Frieden. Und das Vertrauen, das ich beschützt und geführt bin.

 

Wie beschaulich ist das Leben, wenn ich ohne Wünsche bin.

"Blaue Nacht in Yokohama", Maria von Schmedes

 

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